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Vaerst, Eugen von



Gemüse



"Gewächse in Treibhäusern, die bloß durch die Kunst reifen, sind ohne Süßigkeit, Geschmack und Aroma: sie sind gut für die Tafel des Lucullus. Dergleichen Kunstprodukte befriedigen den eitlen Wirt, nicht den verständigen Gast, der den späteren, reinen, rechtzeitigen Genuss solchem Scharlatanismus vorzieht. Frühbeete ohne künstliche Erwärmung, die bloß die jungen Gemüse gegen die Kälte schützen, sind ungleich besser als Treibhäuser, am besten die in französischen Gemüsegärten sehr üblichen Glasglocken. Aber alles das so Erzielte steht dem reinen Naturprodukte nach, wie schon die gepflegte Gartenerdbeere beweist, die jederzeit der Walderdbeere an Geschmack wie an Aroma nachsteht. In Russland ist die Kunst hierin am weitesten gediehen. Das ist natürlich, eben weil die Natur so wenig bietet, in Italien denkt kein Mensch an so etwas. In Petersburg wird in strengster Winterkälte viel Obst in den Treibhäusern erkünstelt. Es gewährt den herrlichsten Anblick, aber nicht das Aroma, welches Sonne und Luft dem im Freien gewachsenen Obste gibt; jenes sind nur traurige Surrogate, geschmacklos und wässerig. Dabei sind sie begreiflicherweise sehr teuer: man kann sehr schnell für 100 Silberrubel Weintrauben verzehren. In Italien freut sich der Bauer, wenn man seinen Weinberg besucht und unentgeltlich daraus genießt; ja, sagt er stolz, zu meinem Nachbar kommen keine Gäste, denn mein Wein ist besser. Ich liebe nicht das Land wo nichts reif wird als gebratene Äpfel, gedämpfte Birnen und gebackene Pflaumen."

Kalb Würste