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Medizin


Die mittelalterlichen Mediziner verglichen die Verdauung mit einem Prozess, der dem Kochen ähnelte. Damit die Nahrungsmittel richtig „gekocht“ würden und die Nahrungsbestandteile vom Körper aufgenommen wurden, war es wichtig, Nahrungsmittel in einer bestimmten Reihenfolge zu sich zu nehmen. Einfach zu verdauende Lebensmittel sollten zuerst gegessen werden, gefolgt von zunehmend schwereren Gerichten. Wurde diesen Geboten keine Folge geleistet, war man überzeugt, dass die schwereren Gerichte auf den Boden des Magens sinken, der Verdauungstrakt blockiert und im Magen ein Verwesungsprozess einsetzen würde. Die medizinischen Ratschläge führten zu einer Speisefolge, die nur für Wohlhabende bezahlbar war: Vor einer Mahlzeit sollte der Magen möglichst durch etwas Heißes und Trockenes „geöffnet“ werden: Empfohlen wurde, Gewürzsamen wie Kümmel, Anis, Fenchel zu essen, die jeweils mit einem dünnen Mantel aus Honig oder Zucker überzogen waren. Auch Wein oder gesüßte Milch galten als geeignet. Ähnlich sollte die Mahlzeit beendet werden. Empfohlen wurde hier gewürzter Zucker oder ein stark gewürzter Wein, zu dem man Käse aß. Die eigentliche Mahlzeit begann idealerweise mit einem leicht verdaulichem Obst wie etwa einem Apfel. Dann sollten Gemüse folgen wie Kohl, Portulak und leicht verdauliches Fleisch wie Huhn oder Zicklein, begleitet von Brühe. Erst danach sollten schwer verdauliche Fleischsorten wie Schwein und Rind folgen, begleitet von Gemüsen und Nüssen, aber auch Pfirsichen und Maronen, die ebenfalls als schwer verdaulich galten.[35] Wohlgenährtheit war angesichts der regelmäßig wiederkehrenden Nahrungsknappheiten und der körperlich anstrengender Arbeit sozial akzeptiert, auch wenn Völlerei von der Kirche abgelehnt wurde.

Das mittelalterliche Verständnis über Ernährung basierte weitgehend auf der antiken Humoralpathologie. Nahrungsmittel wurden als „warm“ oder „kalt“ und „feucht“ oder „trocken“ klassifiziert. Von geübten Köchen wurde erwartet, dass sie die Lebensmittel so kombinierten, dass sie sich gegenseitig ausglichen und ergänzten. Auf diese Weise sollten die Körpersäfte in Einklang gehalten werden: Cholerikern wurde empfohlen, ihre Nahrungsmittel nicht zu stark zu würzen, denn Gewürze galten als heiß und trocken und somit den Eigenschaften des cholerischen Menschen verwandt. Fisch galt als „kalt“ und „feucht“ und sollte daher in einer Weise zubereitet werden, die „trocknend“ und „erhitzend“ war. Fisch wurde entsprechend frittiert oder im Ofen gebacken. Zum Würzen wurden Gewürze verwendet, die man als „heiß“ und „trocken“ einordnete. Rindfleisch galt als „trocken“ und „heiß“. Es wurde daher meistens gekocht. Schwein galt als „heiß“ und „feucht“; die bevorzugte Garmethode war es daher, Schweinefleisch am offenen Feuer zu rösten. Dort, wo mittelalterliche Rezeptsammlung Vorschläge für die Verwendung alternativer Zutaten machen, geben sie der Einordnung der Lebensmittel in der Humoralpathologie gelegentlich mehr Gewicht als unserem heutigen Geschmacksempfinden. So weist ein Rezept für Quittenkuchen darauf hin, dass alternativ Kohl verwendet werden könnte und in einem anderen Rezept werden Rüben als Ersatz für Pfirsiche vorgeschlagen. Als ideale Nahrungsmittel galten die, die als warm und feucht eingestuft wurden – dies sollte der menschlichen Natur am ehesten entsprechen. Die einzelnen Speisen sollten fein gehackt oder püriert werden, um eine gute Durchmischung der Zutaten zu erreichen. Ein Gericht, dass diese Anforderung idealtypisch erfüllte, war Blanc manger, das bis weit in die Neuzeit von der Mittel- und Oberschicht in fast ganz Europa gegessen wurde: In einer Masse aus zerstoßenen Mandeln wurden Hühnerbrüste zusammen mit Reismehl, Schmalz und Zucker gegart und anschließend zu einer Paste zerstoßen und püriert.

Kirchliche Gebote Konservierung