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Römische Antike Mittelalter



Fleisch


Küchendarstellung, Tacuinum Sanitatis, 15. Jhd.

Schweinefleisch galt entsprechend der Humoralpathologie als „heiß“ und „feucht“ und wurde bevorzugt am offenen Feuer geröstet.


Die Jagd auf Wild stand mindestens zum Ende des Römischen Reichs noch allen offen, allerdings weisen archäologische Befunde in Siedlungsgrabungen darauf hin, dass Wild bereits zu diesem Zeitpunkt nur eine geringe Rolle in der Ernährung spielte. Unter den gefundenen Nahrungsresten machen Wildknochen im Schnitt nur drei Prozent aus. In Europa begann sich spätestens ab dem 8. Jahrhundert ein Jagdrecht zu entwickeln, das die Jagd zunehmend einschränkte und als ein Privileg des Adels definierte. Dabei zählte das Rotwild neben dem Wildschwein und dem Rehwild sehr frühzeitig zu dem Wild, dessen Bejagung nur dem Hochadel als Privileg zustand. Wildfleisch war entsprechend unverzichtbarer Bestandteil der Festbankette des Adels. Um Hirschfleisch immer verfügbar zu haben, wurde Rotwild mitunter in großen Gattern gehalten. Im mittelalterlichen England gab es nicht weniger als 2.000 dieser sogenannten Hirschparks. Den Bauern stand dagegen ab dem Spätmittelalter bestenfalls noch die Jagd auf das Niederwild offen. Bevorzugter Fleischlieferant der mittelalterlichen Menschen war das einfach zu haltende Schwein, das in seinem äußeren Erscheinungsbild noch sehr dem Wildschwein glich. Hausschweine liefen oft frei in den Städten und Dörfern umher und suchten sich auf den Straßen aus dem Unrat ihr Fressen zusammen. Schlachtzeit für Schweine waren gewöhnlich die Monate November und Dezember und das Fleisch wurde durch Pökeln, Dörren und Räuchern haltbar gemacht. Dieses Fleisch musste bis mindestens Ostern reichen; der Speck wurde noch im nächsten Sommer verwendet. Entsprechend war die mittelalterliche Küche in Vergleich zu heutigen Ernährungsgewohnheiten fleischarm.

Rindfleisch wurde im Vergleich zu Schweinefleisch deutlich weniger gegessen. Die Aufzucht von Rindern war im Vergleich zum Schwein arbeitsintensiver und für ihre Haltung waren entsprechend große Weiden notwendig; Ochsen und Kühe waren als Zugtiere und Milcherzeuger wichtiger denn als Fleischlieferanten. Es gab allerdings auch zu dieser Zeit bereits Ausnahmen. Im Umkreis um die Paderborner Kaiserpfalz konnte man es sich bereits im 9. Jahrhundert erlauben, dreijährige Rinder zu schlachten, die nie als Arbeitstiere eingesetzt worden waren. Friesland und Jütland wiesen ausreichend Weideland auf, um sich auf die Aufzucht von Rindern zu spezialisieren. Schon im frühen Mittelalter exportierten diese Regionen Rinder und ab dem frühen 14. Jahrhundert begann ein europaweiter Fernhandel, bei dem unter anderem Rinderherden von Ungarn bis nach Straßburg getrieben wurden. Zu einem der wichtigsten mitteldeutschen Handelsorte entwickelte sich das thüringische Buttstedt, in dem jährlich zwischen 16.000 und 20.000 Rinder verkauft wurden. Schafe wurden vorwiegend wegen ihrer Wolle gehalten. In Regionen mit nennenswerter Wollproduktion spielte aber Lamm- und Hammelfleisch eine entsprechende Rolle in der Ernährung. Pferdefleisch unterlag zunehmend einem regional unterschiedlich starken Nahrungstabu. Es war lange Zeit in weiten Teilen Europas üblich, Pferde, die ihr Arbeitsleben hinter sich hatten, zu schlachten und zu essen. Nicht mehr auf der europäischen Speisekarte findet man außerdem andere Säugetiere wie Igel und Siebenschläfer, die man im Mittelalter durchaus regelmäßig aß.

Zu den Vogelarten, die sich auf mittelalterlichen Tafel fanden, zählten neben Hühnern, Gänsen und Enten auch Schwäne, Pfaue, Reiher, Wachteln, Kraniche, Störche, Lerchen, Drosseln, Ortolane und nahezu jede andere Vogelart, die man fangen konnte. Huhn war für die ärmere Bevölkerungsschicht das am ehesten erschwingliche Fleisch. Selbst in den mittelalterlichen Kochbüchern, die eher für die wohlhabende Oberschicht geschrieben wurde, sind Gerichte mit Hühnerfleisch die häufigsten. Schwäne, Reiher und Pfaue wurden häufig als prestigeträchtige Schaugerichte serviert: Sorgfältig enthäutet, wurde das Fleisch zubereitet und dann im Federkleid als Höhepunkt des Banketts serviert. Den Schnabel geschlachteter Pfaue vergoldete man gelegentlich und steckte mit entflammbarer Flüssigkeit getränkte Wolle hinein. Kurz bevor der Pfau in die Speisehalle getragen wurde, entzündete man die Wolle, so dass der Vogel scheinbar feuerspeiend serviert wurde. Die Mengen solcher Vögel, die während eines Festbanketts serviert wurden, waren mitunter sehr groß. Als im September 1465 George Neville in das Amt des Erzbischofs von York eingeführt wurde, nutzte er die Feierlichkeiten für eine Demonstration von Macht und Reichtum, indem er neben Ochsen, Schafen, Schweinen und zahlreichem Geflügel nicht weniger als 400 Schwäne, 104 Pfaue und 1000 Reiher servieren ließ.


Decameron, Flandern, 1432

Garen von Geflügel an einem Spieß. Unter dem Spieß fängt ein flaches Gefäß heruntertropfenden Fleischsaft und Fett auf.

Obst, Gemüse, Nüsse Fisch und Schalentiere