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Die Küche


Die Ausstattung der Küchen war überall einfach. Gekocht wurde meist an einer kniehoch aufgemauerten offenen Feuerstelle. Herde, bei denen man die Hitze des Feuers indirekt nutzte, wurden erst im 18. Jahrhundert gebräuchlich. Für die meiste Zeit des Mittelalters befand sich die offene Feuerstelle auch in wohlhabenden Haushalten in der Mitte des Wohnraums und heizte gleichzeitig die Räume. Die Existenz eines Kamins ist erstmals für das Jahr 820 im Kloster St. Gallen belegt. Gemeinsam mit den mit Funkenschutz versehenen Rauchfängen sorgten sie für einen zunehmend besseren Rauchabzug. Erst im Hochmittelalter schrieben jedoch die Feuerverordnungen vieler Städte vor, dass Häuser einen gemauerten Kamin haben mussten. Zur selben Zeit rückte die Feuerstelle, die zum Kochen diente, an die Wand des Hauptraumes.

Die vom Wohnraum getrennte Küche entwickelte sich regional zu unterschiedlichen Zeitpunkten: In Süddeutschland begann sich diese Bauform ab 1300 durchzusetzen; in Norddeutschland war das bäuerliche Langhaus, in der die Kochstelle im Wohnraum war, noch in der Neuzeit gängig. In wohlhabenden, großen Haushalten befand sich die Küche häufig in einem separaten Gebäude und war mit dem Hauptwohnbereich nur durch einen Gang oder eine Arkade verbunden. Rauch, Küchengerüche und Lärm waren damit verbannt. Öfen waren verbreitet, aber da sie teuer in der Anschaffung waren, fand man sie nur in größeren Haushalten sowie Bäckereien. In vielen mittelalterlichen Gemeinden teilte man sich die Nutzung eines Ofens, so dass jedem das Backen von Brot möglich war. Es gab tragbare Öfen, die man gefüllt mit dem Gargut direkt in die Glut stellte und in spätmittelalterlichen Städten gab es Pasteten- und Waffelbäcker, die mit mobilen Öfen durch die Straßen zogen und kleine Gerichte zubereiteten. Die meisten mittelalterlichen Menschen aßen Mahlzeiten, die in einem großen Kessel über dem Feuer zubereitet wurden. Es war die effizienteste Methode, das Herdfeuer zu nutzen. Eintöpfe, Breie und Suppen dominierten daher die mittelalterliche Speisekarte.

Küchenutensilien wie Dreifußtöpfe, Pfannen, Waffeleisen, Siebe und Reiben waren ebenso wie Bratenroste und drehbare Bratenspieße wegen ihren hohen Anschaffungskosten gewöhnlich nur in wohlhabenden Haushalten zu finden. Bratenspieße gab es in verschiedenen Größen und unterschiedlichen Materialien, um von der Wachtel bis zum Ochsen alles am offenen Feuer garen zu können. Töpfe und Kessel wurden meist mit Hilfe von schwenkbaren Hebevorrichtungen über dem Feuer platziert und hingen an längenverstellbaren Ketten, um die Hitzeintensität regulieren zu können. Viele Haushalte besaßen einen Mörser, da eine große Anzahl mittelalterliche Rezepte Zutaten verlangten, die fein zerrieben oder musartig sein mussten. Die mittelalterlichen Heilkundler vertraten überwiegend die Auffassung, dass ein Körper die Nahrung umso effektiver aufnehmen könne, je feiner ihre Konsistenz sei.

Die Anzahl der in einer herrschaftlichen Küche beschäftigten Personen war sehr hoch. Taillevent, der 1385 im Dienst Karl VI. der Küche vorstand, beaufsichtigte dort allein 150 Mitarbeiter. Dazu kamen die Personen, die sich um die Bewirtung der Gäste kümmerten oder die Vorräte verwalteten. Ämter wie Chef des Weinwesens, oberster Beamter der Brotverwaltung, Obermundschenk oder Truchsess zählten am französischen Hof des 14. Jahrhunderts zu den höchsten Titeln, die vergeben wurden. Federico da Montefeltro, der Herzog von Urbino, beschäftigte unter seinen 500 Bediensteten fünf Personen, deren Aufgabe nur darin bestand, bei den Mahlzeiten vorzulesen. Der Fruitier war für das Servieren von Obst zuständig; der Panetier kümmerte sich darum, dass sich Brot und Salz auf dem Tisch befand. Die Zubereitung von täglich mindestens zwei Mahlzeiten für mehrere hundert Personen war eine logistische Herausforderung. In seinem Kochbuch Du fait de cuisine (Vom Kochen, erschienen im 15. Jahrhundert) gibt Chiquart, der Chefkoch des Herzogs von Savoy, Hinweise, wie ein zweitägiges Bankett vorbereitet und durchgeführt werden solle. Er empfiehlt dem verantwortlichen Koch unter anderem, 1000 Karren guten, trockenen Feuerholzes und eine Scheune voll Kohle bereit zu halten. Trotz des zahlreichen Personals gibt es eine Vielzahl von Hinweisen, dass bei aller Pracht eines mittelalterlichen Festmahls die Qualität der Speisen häufig zu Wünschen übrig ließ: Beim ersten Bankett in der neuen Londoner Guildhall waren die Speisen noch roh, als man sie auftrug, und Wilhelm I. von England wurde bei einem anderen Festmahl ein nur halb gegarter Kranich serviert. Wegen der langen Wege zwischen Küche und Speisesaal waren die Speisen regelmäßig bereits kalt, wenn sie endlich serviert wurden.


Kuchenmaistrey, Augsburger Ausgabe von 1505

Küche mit Kachelofen, Dreifußtöpfen und Bratenspieß.

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