Gastrosophie Geschichte Köche Kultur Literatur Religion Skurriles Impressum
Startseite Geschichte Esskultur Mittelalter

Geschichte


Redensarten Tafelrunden Esskultur

Römische Antike Mittelalter



Getreide


Getreide spielte unabhängig von der sozialen Schicht eine große Rolle in der Ernährung und wurde als Getreidebrei, Grütze, Brot und gelegentlich auch als Nudeln gegessen. Vom achten bis ins elfte Jahrhundert stieg der Anteil von Getreide an der Ernährung der europäischen Bevölkerung von einem knappen Drittel auf etwa drei Viertel. Brot war ab dem 13. Jahrhundert in ganz Europa Grundnahrungsmittel und behielt diese Stellung bis in die Neuzeit bei. Es ist wahrscheinlich, dass im 14. und 15. Jahrhundert durchschnittlich 200 Kilogramm Getreide pro Kopf und Jahr verzehrt wurde. Angehörige der unteren Schichten verzehrten dabei spätesten ab dem Spätmittelalter mehr Getreide als die der Mittel- und Oberschicht. Die Ernteerträge aller Getreidearten waren bis zum 15. Jahrhundert sehr niedrig: Ein gesätes Korn brachte durchschnittlich nur 3,2 Körner hervor. Heute wird in Europa das 20- bis 25-fache der Saatmenge geerntet.

Gerste, Hirse und Hafer waren in vielen Regionen die Hauptgetreidearten. Weizen wurde während der Zeit des Römisches Reiches auch nördlich der Alpen häufig angebaut. Am Niederrhein, an der unteren Maas und im Schelde-Mündungsgebiet zählte es in dieser Zeit sogar zum Hauptgetreide. Nach dem Abzug der Römer sank der Weizenanbau stark und spielte während des Mittelalters im nördlichen Europa eine Nebenrolle, auch wenn das aus Weizen hergestellte Weißbrot regional sehr geschätzt wurde und Weizen anders als Roggen und Hafer eine Fernhandelsware war. Der Anbau von Roggen als Hauptbrotfrucht begann in Ost-, Mittel-, West- und Nordeuropa zu Beginn des Mittelalters und blieb in vielen Regionen bis in die Neuzeit die wichtigste Getreideart. Roggen war ein sehr anspruchsloses Getreide, das auch auf mageren Sandböden gedieh und 10 bis 15 Jahre auf derselben Fläche angebaut werden konnte. Allerdings war Roggen auch anfällig für einen Befall durch Mutterkorn, so dass es immer wieder zu epidemieartigen Ergotismusausbrüchen kam. Roggen hatte nicht überall eine gleich hohe Bedeutung: Im Spätmittelalter war Dinkel in der Schweiz das wichtigste Brotgetreide und in anderen Regionen spielten Emmer und Einkorn eine große Rolle. Hafer dagegen war nur sehr schwer zu verbacken. Er hat seine hohe Bedeutung vor allem wegen seiner Rolle als wichtigstes Breigetreide. Buchweizen, der botanisch gesehen zu den Knöterichgewächsen gehört aber getreideähnlich verarbeitet wird, wurde ab dem 14. Jahrhundert in größerem Umfang angebaut. Er kam als letzte wichtige Kulturpflanze nach Europa, bevor der Kulturaustausch mit Amerika begann und Pflanzen wie Kartoffeln, Mais und Tomaten die europäische Esskultur zu verändern begann. Reis wurde auf der iberischen Halbinsel gepflanzt seit die Dynastie der Omaijaden im Jahre 755 Teile Spaniens eroberten. Erst gegen Ende des Mittelalters wurde er auch in Norditalien zur Kulturpflanze. In englischen Haushaltsbüchern ist Reis das erste Mal im Jahre 1234 erwähnt. Reis war zu diesem Zeitpunkt noch deutlich teurer als Honig. Er wurde vor allem für Puddinge und Süßspeisen verwendet.

Aus allen Getreidearten wurden Breie zubereitet. Ernst Schubert bezeichnet den mit Wasser zubereiteten und ungezuckerten Haferbrei als das verbreitetste Gericht des deutschen Mittelalters. Zubereitet mit Kuh- oder Mandelmilch und mit Zucker oder Honig gesüßt wurden solche Breie auch als Dessert oder Krankennahrung serviert. Die Breie der armen Bevölkerungsschichten bestanden neben Hafer aus geschrotetem Getreidearten wie Gerste, Roggen, oder Hirse und wurden mit Salzwasser oder Buttermilch zubereitet. Die Konsistenz dieser Breie war teigig bis schnittfest. Die reichere Bevölkerung aß auch Breie aus Weizenmehl, mit Milch gekocht und mit Butter und Honig verfeinert. Die Bedeutung von Breien für die tägliche Ernährung zeigt sich daran, dass die Bezeichnung muos nicht nur für die breiartige Speise, sondern auch allgemein für „Essen“, „Mahlzeit“ oder „Speise“ verwendet wurde. Auch Nudeln gehören bereits zur mittelalterlichen Esskultur. Der Begriff „Pasta“ als Sammelbegriff für Teigwaren war im mittelalterlichen Italien zwar unbekannt, aber in italienische Kochbücher aus dieser Zeit tauchen bereits Begriff wie Gnocchi, Lasagne, Makkaroni und Tortellini auf, wenn auch die Schreibweise noch stark variierte. Der früheste Hinweis auf Ravioli findet sich allerdings in einer anglonormannischen Rezeptsammlung, die gegen Ende des 13. Jahrhunderts entstand.

Mittelalterliches Monatsbild

Ein Bäcker schiebt Brot in den Backofen.



Zum mittelalterlichen Mahl gehörte zunehmend Brot, das man in Wein, Suppe, Brühe oder Sauce brockte. Das früh- und hochmittelalterliche Brot war überwiegend ein Fladenbrot, das dem heutigen Knäckebrot ähnelte. Erst im 13. Jahrhundert setzte sich das Sauerteigbrot durch, das als Brotlaib gebacken wurde. Die mit Butter bestrichene Brotscheibe wurde in Mitteleuropa erst im 14. Jahrhundert üblich. Die meisten Menschen aßen ein dunkles Brot aus grob gemahlenem Mehl, das um so mehr Kleie enthielt je preisgünstiger es war. Nur wenige aßen das teure Domherrenbrot (auch schoenez Brot oder Semel genannt), das ein Weißbrot aus feinstgemahlenem Weizenmehl war und auch in wohlhabenden Haushalten nur selten gekauft wurde. Eine erhalten gebliebene Abrechnung für ein Gastmahl, das die polnische Königin Jadwiga am 21. August 1394 gab, weist beispielsweise den Einkauf von 360 Roggenbrot und nur 60 Weizenbroten aus. Teigpasteten gefüllt mit Fleisch, Eiern, Gemüse oder Früchten waren in allen europäischen Küchen des Mittelalters zu finden. Im Spätmittelalter wurden Kekse und insbesondere Waffeln zu einer bevorzugten Nachspeise. Als Brotkrumen und Mehl war Getreide ein häufiger verwendetes Dickungsmittel für Suppen und Eintöpfe.

Ursprünge